Q: G. Duden, Reise nach den westlichen Staaten Nordamerika’s 1829

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#bar · #barkeeper


Einführung

Gottfried Duden (der anscheinend nichts mit dem Rechtschreibpapst Konrad Duden zu tun hat) wurde 1785 in Remscheid als Sohn eines Apothekers geboren. Von 1806 bis 1810 studierte er in Düsseldorf, Heidelberg und Göttingen Rechtswissenschaften, um anschließend verschiedene Stellen im preußischen Staatsdienst zu bekleiden. Zwischenzeitlich diente er in den Koalitionskriegen gegen Napoleon Bonaparte als Freiwilliger. Durch seine Tätigkeit bei Gericht bekam er tiefe Einblicke in die Nöte der deutschen Bevölkerung, die sich in Armut und Kriminalität niederschlugen – die er vor allem der Überbevölkerung zuschrieb. Vom preußischen Staat enttäuscht emigrierte Duden 1824 in die USA und kam über Baltimore nach St. Louis, Missouri, wo er im heutigen Dutzow nahe des Missuouri River ein Stück Land bezog. Bereits 1827 kehrte er aus Gründen, die sich nicht nachvollziehen lassen, nach Deutschland zurück und ließ sich in Bonn nieder.

Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er 1829 auf eigene Kosten den hier zitierten Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten Nordamerikas und einen mehrjährigen Aufenthalt am Missouri in den Jahren 1824 bis 1827 mit einer Startauflage von 1500 Exemplaren. Der Text besteht aus 36 Briefen, die er in die Heimat geschickt hatte. In ihnen zeichnet Duden ein positives Bild der Vereinigten Staaten und insbesondere von Missouri, um seiner Überzeugung Ausdruck zu verleihen, dass die Emigration in die Staaten für viele Deutsche die Lösung ihrer Probleme darstellen könne. Das Buch war ein großer Erfolg und wurde mehrfach nachgedruckt. Dem Text wird eine enorme Wirkung auf auswanderungswillige Deutsche nachgesagt; es habe zu der zahlenstarken Ansiedlung Deutscher in Missouri ab den 1830er Jahren geführt. Noch heute sind die „Followers of Duden“ dort ein Begriff. Duden selbst, der entgegen seinen Plänen nie in die USA zurückkehrte, wurde auch Zielscheibe der Kritik von Auswanderern, die falsche Erwartungen aus seinen Berichten geschöpft hatten. 1911 wurde er auf dem Alten Friedhof in Bonn beigesetzt.

Introduction

Gottfried Duden was born in Remscheid in 1785, the son of a pharmacist. From 1806 to 1810, he studied law in Düsseldorf, Heidelberg and Göttingen and then held various positions in the Prussian civil service. In the meantime, he served as a volunteer in the Napoleonic wars. His work at court gave him a deep insight into the hardships of the German population, which were reflected in poverty and crime – which he attributed primarily to overpopulation. Disappointed by the Prussian state, Duden emigrated to the USA in 1824 and travelled via Baltimore to St. Louis, Missouri, where he moved to a piece of land in what is now Dutzow near the Missuouri River. As early as 1827, he returned to Germany for reasons that cannot be traced and settled in Bonn.

After his return, he published in 1829 at his own expense the Report on a Journey to the Western States of North America and a Stay of Several Years along the Missouri (during the Years 1824, ’25, ’26, and 1827) with an initial print run of 1500 copies. The text consists of 36 letters that he had sent home. In them, Duden paints a positive picture of the United States and Missouri in particular, reflecting his conviction that emigration to the States could be the solution to many Germans‘ problems. The book was a great success and was reprinted several times. The text is said to have had an enormous effect on Germans willing to emigrate; it led to the large numbers of Germans settling in Missouri from the 1830s onwards. The „Followers of Duden“ are still a term here today. Duden himself, who contrary to his plans never returned to the USA, also became the target of criticism from emigrants who had drawn false expectations from his reports. He was buried in the Old Cemetery in Bonn in 1911.


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Gottfried Duden, Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten Nordamerika’s, 1829: 6. Brief

🇩🇪 Gottfried Duden, Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten Nordamerika’s und einen mehrjährigen Aufenthalt am Missouri (in den Jahren 1824, 25, 26 und 1827), oder: Das Leben im Innern der Vereinigten Staaten, Elberfeld: Selbstverlag 1829, https://iiif.lib.harvard.edu/manifests/view/drs:4389323$5i (12.04.2024).

🇬🇧 Karsten C. Ronnenberg, 2024, with the help of deepl.com.

6. Brief, Washington PA, 20.09.1824, S. 18, Die Wirthshäuser, S. 31 f., Die Wirthshäuser an der Heerstraße6th letter, Washington PA, 20/09/1824, The taverns, The taverns on the turnpike
Der Genuß des Weines ist in den Wirthshäusern ungewöhnlich. Im Inlande wird bis jetzt wenig Wein gewonnen und die fremden Weine sind einem hohen Zolle unterworfen. Man scheint, außer den gebrannten Wässern, dem Franzbranntweine, dem Pfirsich-Branntweine, dem Genevre und dem Whisky (Maisbranntweine), den Kaffee substituirt zu haben. Kaffee und Thee gehört nicht bloß zum Frühstück, sondern auch zum Abendessen, und oft gar zum Mittagessen. Jene geistigen Getränke werden indeß stäts mit Wasser verdünnt und der an Wein gewöhnte Europäer befindet sich ziemlich wohl dabei. Wenigstens ist er gesichert vor den vielerlei schädlichen Mischungen, die der Wein in Europa erleidet. […]The consumption of wine in public houses is unusual. Little wine has so far been produced inland and foreign wines are subject to a high duty. Coffee seems to have been substituted for distilled waters, French brandy, peach brandy, genever and whisky (corn brandy). Coffee and tea are not only served at breakfast, but also at dinner, and often even at lunch. However, these spiritual drinks are always diluted with water and the European, who is used to wine, is quite comfortable with them. At least he is protected from the many harmful mixtures that wine suffers in Europe.
|31| Ich wiederhoble es, die Wirthshäuser an dem Wege von Baltimore nach Wheeling haben mich durch ihre Reinlichkeit und Eleganz sehr überrascht. Kostbare Fußteppiche ist etwas Gewöhnliches, obgleich die Dielen durchgängig an sich besser und auch mit weit mehr Sorgfalt zusammengefügt sind, als in Deutschland. Zur Annehmlichkeit der Wohnungen tragen die hier häufigen Piazzas (an den Seiten der Häuser angebrachten Gallerien) viel bei. Ich bin in mebreren Gasthöfen gewesen, wo die hohen Speisesäle auf bedeckte Gallerien ausgingen, welche die entzückendsten Aussichten darboten. Auf Dergleichen wird schon bei der Wahl der Baustellen und bei der Richtung der Seiten des Gebäudes Bedacht genommen. Außer der guten Verpflegung waltet auch überall eine solche Ordnung in der Aufsicht über die Effecten [sc. Wertsachen] der Einkehrenden, daß fast keine Klage möglich ist. In jedem Gasthofe ist nämlich ein besonderes Local, the bar-room (Schenktisch-Zimmer) genannt. Dort bilden Schranken eine Abtheilung für den Debit [sc. Ausschank] der geistigen Ge|32|tränke, und für die Aufbewahrung der Bagage, unter der beständigen Obhut eines Kellners, der barkeeper heißt und sich mit nichts Anderem beschäftigt. Sobald ein Gast anlangt, nimmt der barkeeper die Bagage in Empfang, und beim Scheiden stellt er sie, nebst der Rechnung, wieder zurück. Die bar ist überhaupt der Ort, wo der Gast jedes auf die Aufnahme und Verpflegung bezügliche Anliegen vorbringt. Dort hängen auch die Schlüssel zu den besonderen Zimmern der Gäste. Will man die Effecten unter eigener Aufsicht behalten, so steht das natürlich frei.I repeat, the inns on the road from Baltimore to Wheeling surprised me with their cleanliness and elegance. Precious floor carpets are something common, although the floorboards are generally better and also joined together with far more care than in Germany. The frequent piazzas (galleries attached to the sides of the houses) contribute greatly to the comfort of the flats. I have been in several inns where the high dining rooms opened out onto covered galleries, which offered the most delightful views. Such things are taken into consideration when choosing the building sites and the direction of the sides of the building. In addition to the good catering, the supervision of the guests‘ valuables is so well organised that it is almost impossible to complain. In every inn there is a special place called the bar-room. There, barriers form a section for the serving of spirits and for the storage of the baggage, under the constant supervision of a waiter called a barkeeper, who does nothing else. As soon as a guest arrives, the barkeeper thepicks up the baggage, and when he leaves, he puts it back together with the bill. The bar is generally the place where the guest presents any request relating to accommodation and catering. This is also where the keys to the guests‘ separate rooms are kept. If you wish to keep your valuables under your own supervision, you are of course free to do so.

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Gottfried Duden, Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten Nordamerika’s, 1829: 32. Brief

🇩🇪 Gottfried Duden, Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten Nordamerika’s und einen mehrjährigen Aufenthalt am Missouri (in den Jahren 1824, 25, 26 und 1827), oder: Das Leben im Innern der Vereinigten Staaten, Elberfeld: Selbstverlag 1829, https://iiif.lib.harvard.edu/manifests/view/drs:4389323$5i (12.04.2024).

🇬🇧 Karsten C. Ronnenberg, 2024, with the help of deepl.com.

32. Brief, Pittsburg PA, 30.03.1827, S. 256 f., Das Leben auf den amerikanischen Dampfschiffen32nd letter, Pittsburg PA, 30.03.1827, Life on the American steamships
Die Cajüten einiger Dampfböte sind geräumig und hoch, wie die größten Gastzimmer und vortrefflich möblirt, mit kostbaren Teppichen, Kronleuchtern, Sophas u. f. w. So darf man das Dampfschiff Atlanta von Louisville mit allem Rechte einen schwimmenden Pallast nennen. Der Fußboden der Cajüten in den Dampfböten des Missisippi und seiner Nebenflüsse ist beträchtlich höher, als der Wasserspiegel, und man hat nicht hinabzusteigen, wie in den Dampfschiffen der atlantischen Küste. […] Der Tisch ist meist sehr gut bestellt, sowohl für das Frühstück, als für das Mittag- und Abendessen. Geistige Getränke, welche außer Dem, was zur Mahlzeit gehört, genossen werden, sind besonders zu bezahlen, Jeder mag übrisgens Dergleichen nach Gefallen mit an Bord bringen. Einige Passagiere geben dem Stuart ein Trinkgeld, andere nicht. |256| Erwartet wird es niemahls. Ueberhaupt ist die Gitte, Trinkegelder zu geben, in den nordamerikanischen Wirthshäusern unbekannt. Kein bar-keeper – welcher mit einem Kellner in Europa zu vergleichen ist – würde ein Trinkgeld annehmen; The cabins of some steamboats are spacious and high, like the largest guest rooms, and exquisitely furnished with precious carpets, chandeliers, sophas and so on. The steamship Atlanta from Louisville can rightly be called a floating pallast. The floor of the cabins in the steamboats of the Mississippi and its tributaries is considerably higher than the water level, and one does not have to descend as in the steamboats of the Atlantic coast. […] The table is usually very well set, be it for breakfast, lunch or dinner. Spirituous beverages, which are consumed apart from what belongs to the meal, are to be paid for separately, and everyone may bring such things on board as they please. Some passengers tip the stuart, others do not. It is never expected. In general, the custom of tipping is unknown in North American inns. No bar-keeper – who can be compared to a waiter in Europe – would accept a tip;

Stand: 22.04.2024

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